Historisches Zinstief, tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, neue regulatorische Anforderungen, Digitalisierung und verändertes Kundenverhalten – diese Trends prägen derzeit die Versicherungsbranche. Damit verbunden sind Herausforderungen, aber auch Chancen. Der Geschäftsbereich Privat- und Firmenversicherung Deutschland der Talanx AG mit Marken wie HDI, PB Versicherungen, Targo Versicherungen, neue leben und LifeStyle Protection nutzt diese Chancen im Geschäft mit Vorsorge und Schaden-Unfallversicherungen.
Was tun wir, um uns nicht von den Unbilden des Kapitalmarkts und zunehmenden regulatorischen Anforderungen – Stichwort Solvency II – treiben zu lassen und um den Veränderungen der Digitalisierung gerecht zu werden? Wir werden schneller, agiler und digitaler, wir verschlanken unsere Produktwelt und erneuern unsere Prozesse. Wir arbeiten auf Augenhöhe mit den Kunden, um herauszufinden, welche Produkte sie von uns brauchen, wie sie beraten werden und wie sie eine Versicherung abschließen möchten – online oder persönlich. Und wir werden effizienter – auch dies ist ein Wettbewerbsfaktor.
Konsequent haben wir hierfür im vergangenen Jahr unser Zukunftsprogramm KuRS vorangetrieben. Es zielt darauf ab, das Lebengeschäft im Niedrigzinsumfeld weiter zu stabilisieren und das Schaden/Unfallgeschäft profitabler zu machen. Talanx Deutschland investiert deutlich über 400 Mill. Euro in die Weiterentwicklung des Unternehmens. Wir müssen aber auch etwas auf der Kostenseite tun. Bis zum Jahr 2021 bauen wir rund 930 von insgesamt rund 5.000 Stellen im Geschäftsbereich Privat- und Firmenversicherung Deutschland ab. Das Ganze ist sozialverträglich und in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sehr konstruktiv vorbereitet worden, und wir sind bei der Umsetzung derzeit etwas vor unserer ursprünglichen Planung. Das Zukunftsprogramm betrachten wir aber nicht als statisch – vielmehr überprüfen wir Jahr für Jahr, wo wir Dinge adjustieren müssen.
Den richtigen Weg eingeschlagen
Produktseitig haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Im deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft der Talanx-Gruppe ist der Wandel in der Struktur des Neugeschäfts gelungen. So haben wir das Geschäft mit unserer Risikolebensversicherung im vergangenen Jahr um 7 % gesteigert, deutlich mehr als andere Marktteilnehmer. Auch die Umstellung auf kapitaleffiziente Produkte – sprich: Lebensversicherungen ohne klassischen Garantiezins, aber mit garantierten lebenslangen Auszahlungen – ist gut vorangekommen. Unsere Kunden setzen nach wie vor auf Altersvorsorgeprodukte. Die kapitaleffizienten und biometrischen Produkte machen inzwischen rund zwei Drittel des Neugeschäfts aus.
Großes Potenzial steckt in der betrieblichen Altersversorgung. Sie hat mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz seit Jahresbeginn eine öffentliche Aufwertung erfahren. Ich rechne damit, dass die gesetzlichen Neuerungen die bewährte betriebliche Altersversorgung (bAV) beflügeln werden. Dafür sprechen der künftig obligatorische, 15-prozentige Arbeitgeberzuschuss, die neue Geringverdiener-Förderung und die Erleichterungen bei der Riester-bAV. Das alles macht die bAV für Arbeitnehmer attraktiver. Insbesondere Menschen mit geringerem Verdienst wird die Angst genommen, für das Alter vorzusorgen, denn mindestens 100 und maximal 202 Euro werden später nicht auf die Grundsicherung angerechnet.
Das Sozialpartnermodell
Zudem ist mit dem Sozialpartnermodell ein ganz neuer Weg entstanden, über den Arbeitgeber für das Rentenalter vorzusorgen. Der auffälligste Unterschied zur bewährten bAV ist der Verzicht auf Garantien, was uns im Kontext des aktuellen Kapitalmarktumfeldes dabei hilft, nachhaltig unsere Versicherungskollektive in der Lebensversicherung zu stärken. Die neue Betriebsrente setzt auf Renditeziele statt einer festen garantierten Rentenzusage und stellt Arbeitnehmern damit höhere Rentenzahlungen in Aussicht. Denn die eingezahlten Beiträge können flexibler in chancenreiche Anlageformen, beispielsweise Aktien, investiert werden.Mit all dem hat der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt zum Schließen der Versorgungslücke vieler Bürger gemacht. Diesen müssen wir Versicherer jetzt nutzen, um verständliche betriebliche Vorsorgelösungen, die den Anforderungen unserer Kunden – insbesondere im Kontext der Digitalisierung – gerecht werden, zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam mit der Zurich hat die Talanx daher
„Die deutsche Betriebsrente" ins Leben gerufen, eine kostengünstige, renditestarke und damit besonders effiziente Altersversorgung. Sie wird planmäßig im zweiten Quartal an den Start gehen.Machen wir uns nichts vor: An der eigenverantwortlichen privaten Vorsorge für das Alter führt kein Weg vorbei. Die Menschen werden immer älter, und die Versorgungslücke, die die gesetzliche Rentenversicherung hinterlässt, muss geschlossen werden. In Zeiten niedrigster Zinsen müssen die Menschen mehr in ihre Altersvorsorge investieren. Nur die private Rentenversicherung garantiert
lebenslange Zahlungen, während das Geld aus einem Sparvertrag schon ausgegeben sein kann, wenn noch Leben übrig ist. Hierbei müssen wir den ursprünglichen Leitgedanken von Lebensversicherungen umso mehr beherzigen: Wir Versicherer müssen nach wie vor für langfristige finanzielle Stabilität und Verlässlichkeit stehen, die uns bei der Geldanlage von Alternativprodukten differenzieren. Wir sind diejenigen, die unseren Kunden nach 20, 30 oder 40 Jahren das Gefühl der Sicherheit für den Lebensabend nach dem Beruf geben. Das Geschäft mit Lebensversicherungen ist daher nach wie vor ein wichtiger strategischer Pfeiler von Talanx in Deutschland.Wachstumschancen sehen wir im Schaden/Unfallgeschäft, das durch die Digitalisierung neuen Auftrieb gewinnt. Beispielsweise haben wir eine neue digitale Antragsstrecke für das Firmengeschäft entwickelt, die unseren Kunden und Vertriebspartnern Abschlüsse von auch komplexen Versicherungslösungen einfach, schnell und transparent ermöglicht. Alle Informationen zum jeweiligen
Versicherungsschutz sind hinterlegt und lassen sich auf einen Klick abrufen. Das Programm ist mit einer externen Datenbank verbunden, die viele Angaben zum Unternehmen vorhält und in die Kalkulation einfließen lässt, um Abschlussprozesse für unsere Kunden und Vertriebspartner noch schneller und komfortabler zu machen. Auch die Police wird digital erstellt.
Längst Tagesgeschäft
Zu unserem Tagesgeschäft gehört mittlerweile auch der Online-Abschluss von Kfz-Versicherungen. Seit Implementierung unserer digitalen Kfz-Strecke im Oktober 2016 wurden online rund 170.000 Anträge eingereicht. Inzwischen generieren wir mehr als 30% des Neugeschäfts bei Kfz-Versicherungen über HDI.de oder über Vergleichsportale. Und ab Mitte des Jahres bringen wir einen neuen Telematik-Tarif für die Kfz-Versicherung heraus. Bis zu 30% der Prämie lassen sich dabei über eine Telematik-App sparen. Das Besondere daran: Die Kunden können die App vorher testen, egal bei wem sie versichert sind. Sie sehen, welchen Score sie mit ihrer Fahrweise erreichen, aus dem sich wiederum die Ersparnis errechnet. Durch das Feedback der App mit Tipps zur Verbesserung des Fahrstils lässt sich gleichzeitig die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen.
Was das Thema Digitalisierung insgesamt angeht, sind wir in einigen Bereichen schon vorne im Markt. Über Partnerschaften mit zwei sogenannten Akzeleratoren – Plug and Play aus dem Silicon Valley und Startupbootcamp aus London – knüpfen wir Kontakte zu Start-ups, um gemeinsam innovative Produkte für unsere Kunden zu entwickeln. Dafür haben wir auch ein eigenes Digital Lab aufgebaut.
Doch die Digitalisierung ist kein Selbstzweck – sie vereinfacht den Dialog mit unseren Kunden und sorgt für effiziente Prozesse. Wir erleichtern die Direktabsatzfähigkeit bei einfachen, nicht beratungsintensiven Produkten wie der Kfz-Versicherung. Aber einen Großteil unseres Geschäfts machen nach wie vor komplexe Produkte aus, die auf die individuelle Bedarfssituation unserer Kunden zugeschnitten sind – und diese Produkte kann wiederum am besten ein Mensch erklären. Ein Mensch ist zudem ein Vertrauensgarant, eine Maschine kann schlecht eine persönliche
Verbindung zum Kunden aufbauen. Außerdem ist das Wissen der deutschen Verbraucher um Finanzen im internationalen Vergleich noch ausbaufähig, es gibt also großen Bedarf für Erläuterungen und persönliche Nachfrage. Deswegen sind wir sicher, dass persönliche Beratung in der Zukunft – trotz aller Digitalisierung – weiterhin eine ganz wichtige Rolle spielen wird. Persönlich wichtig
ist mir bei unserer strategischen Ausrichtung, dass wir die alltägliche Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vertrieben, im Kundenservice und insbesondere bei der Schadenbearbeitung durch digitale Lösungen vereinfachen. Dann haben wir mehr Zeit für unsere Kunden und Vertriebspartner. Unseren Partnern ist oft ein persönlicher Handschlag wichtig, und den wollen und können wir weiter geben.
Die Richtung beibehalten
Der Geschäftsbereich Privat- und Firmenversicherung Deutschland ist auf einem guten Weg. Wir müssen in diese Richtung jetzt konsequent weitergehen. Mit unseren Marken, unserer Strategie und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir gute Chancen, im Markt anzugreifen und Marktanteile zu gewinnen.